Als Autor beschäftigt man sich mit nur wenigen Dingen mehr als mit dem Titel des Buches. Kein einziges Wort oder auch Satz im gesamten Roman wird mehr überdacht und sorgfältiger gewählt. Bis man ihn gefunden hat vergehen mitunter Wochen. Man ist stolz darauf – aber dann kommt alles anders….
Der Arbeitstitel meines Buches war „Rattenlinie“. Als Rattenlinien bezeichnet man die Fluchtrouten der führenden Vertreter des Naziregimes vor den Alliierten nach dem zweiten Weltkrieg. Die bekannteste führte über Südtirol, Rom und Genua. Außerdem gab es weitere Routen unter anderem auch über Spanien – sie alle führten hauptsächlich nach Argentinien, aber auch in andere südamerikanische Länder. Der Begriff Rattenlinie wurde vom amerikanischen Geheimdienst geprägt, zuvor hießen sie Klosterrouten, was an der aktiven Beteiligung hochrangiger katholischer Geistlicher lag.
Soviel zum geschichtlichen Hintergrund. Natürlich habe ich mir bei der Wahl des Titels nicht nur Gedanken über diesen einen Roman gemacht. Auch die Titel kommender Krimis schwebten mir bereits im Kopf herum – man wird ja noch träumen dürfen…..
Und so wurde aus „Rattenlinie“ gleich eine Trilogie, und alle hatten etwas mit Tieren zu tun und natürlich mit Mallorca.
Kurz gesagt – das Gesamtkonzept stand…
Was mir als Autor eines Erstlings, als blutigem Anfänger sozusagen, nicht ganz klar war, ist, dass außer der Idee des Schreibenden auch noch ganz andere Gründe die Wahl des Titels und der Covergestaltung seitens des Verlages bestimmen.
Aber vielleicht war ich mir auch einfach nur zu sicher, dass mein Titel, meine durchdachte Schöpfung das Nonplusultra wären. Aber es kam wie es kommen musste. Der Titel „Rattenlinie“ passte nicht so recht ins vorgesehene Programm, außerdem war kurz zuvor ein anderer Krimi mit dem Titel „Rattenlinien“ erschienen, und ich musste mir etwas neues einfallen lassen.
Es war meine Frau, die mir diese Nachricht gaaaaaanz vorsichtig überbrachte. Zu ihrer großen Überraschung reagierte ich nicht mit einem veritablen Nervenzusammenbruch. Kooperativ wie selten lies ich mir jede Menge neue Titel einfallen, an mein ursprüngliches „Rattenlinie“ kam emotional aber keiner heran.
Einige Wochen später war klar, das Buch würde „Mallorca bis in alle Ewigkeit“ heißen. Die Reaktion meiner Frau war recht trocken: „Heißt Pau (der Chefinspektor in meinem Roman, Anmerkung des Verfassers) jetzt Edward?“ Als Leserin eher leichterer Literatur hatte sie sofort eine Verbindungslinie zur Bis(s)-Trilogie von Stephenie Meyer gezogen. Ihre Begeisterung hielt sich sichtlich in Grenzen und meine nach dieser Eröffnung erst einmal auch.
Ich versuchte noch, mit einigen anderen Vorschlägen wie „Rattenlinie Mallorca“ meine Ursprungsidee zu retten, aber vergeblich. Schlussendlich musste ich mich schweren Herzens von meinem Wunschtitel verabschieden.
Trotzdem möchte ich meinen Verlag nicht missen. Viele Stolpersteine, die sich einem Autor quasi von selbst in den Weg legen, wie etwa Werbung, Vorstellung im Handel, Vertrieb usw. bleiben einem nicht nur erspart, nein, man hat Menschen an der Seite, die genau wissen was sie tun und aus deren Erfahrungsschatz man schöpfen kann. Und auch das Lektorat, das ich jedem Schriftsteller nur wärmstens empfehlen kann, ist ein Segen. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viele Fehler und Ungereimtheiten man selbst nach vielen Lesedurchgängen noch übersieht, alleine schon deshalb, weil man irgendwann schlicht betriebsblind wird.
Und wahrscheinlich werde sogar ich irgendwann einmal einsehen, dass ich beim Titel im Unrecht war – man lernt ja nie aus.
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