„Ein kleiner Eckraum, auf seltsame Art asymmetrisch geschnitten, mit einer rechteckigen Ausbuchtung neben der Tür, in die der Schreibtisch gezwängt war, der wiederum von einem Bildschirm nahezu vollständig eingenommen wurde“, so beschreibe ich in meinem Roman den Arbeitsplatz von Pau Ribera. Reine Phantasie? Mitnichten – denn ich war tatsächlich dort.
Recherchereisen haben mitunter etwas Surreales an sich. Man treibt sich an Orten herum, die kein geistig gesunder oder zumindest in dieser Hinsicht unverdächtiger Mallorca-Urlauber jemals freiwillig besuchen würde.

Meine diesjährige Recherchereise für den Folgeroman beispielsweise hat meiner, als Pressefotografin doch einiges gewöhnte Frau gelegentlich einen Schauer über den Rücken laufen lassen. „Ich will hier weg“ war noch eine der harmloseren Aufforderungen, den ein oder anderen unheimlichen oder auch verbotenen Ort schnellstmöglich zu verlassen.
Wohin die Reise uns genau hinführte und was wir dort erlebten, dazu zu gegebener Zeit mehr, aber auch schon die Recherche für „Mallorca bis in alle Ewigkeit“ hatte es in sich.
Eines der prägendsten Erlebnisse war der Besuch im Hauptquartier der Policia Nacional in Palma.
Als Journalist bin ich daran gewöhnt, gelegentlich auch mal mit der Tür ins Haus zu fallen. Und so beschloss ich eines Morgens, einfach mal dort vorbeizuschneien. Viele Hoffnungen, besonders weit zu kommen, machte ich mir damals allerdings nicht. Und so bat ich meine Frau, draußen kurz zu warten, während ich mir die Kontaktdaten für einen Termin zu einem späteren Zeitpunkt besorgen wollte.
Was ich nicht wissen konnte: Ich würde sie zwei Stunden lang warten lassen. Sauer war sie allerdings nicht, denn, O-Ton: „Es war mir eine Vergnügen, die gutgebauten spanischen Polizisten in ihren knackigen Uniformen im Gebäude ein- und ausgehen zu sehen – kein Problem, ich hatte meinen Spaß“.
Aber zurück zu mir. Ich meldete mich am Empfang und wurde zur Pressestelle weitergeschickt. Dort bekam ich erste Informationen und wirkte offensichtlich so vertrauenswürdig, dass man mich direkt an die Mordkommission weiterleitete. Kurz darauf fand ich mich – und das ist wirklich kein Klischee – in einem nüchternen Gang mit dunklem Fußboden wieder, wo ich im kalten Licht von Neonröhren auf einem Plastikstuhl wartete, bis ein Kommissar für mich Zeit hatte.
Es mag seltsam klingen, aber während ich da so saß fühlte ich mich immer mehr wie ein Delinquent. Dazu trug auch bei, dass mich die ein- und ausgehenden Polizisten dementsprechend musterten und gipfelte dann darin, dass mich die Sekretärin irgendwann fragte, ob ich denn verhaftet sei. Hätte ich nur ein paar Minuten länger dort gesessen, hätte ich wahrscheinlich selbst darum gebeten, mich zu verhören – vielleicht wegen der Dreistigkeit, einfach in das Kommissariat zu marschieren. 😉
Dann aber erlöste mich ein netter, dunkelhaariger Spanier mit Dreitagebart im mittleren Alter aus meinem quasi Festgenommenen-Dasein und bat mich in sein Büro. Es war eben im Großen und Ganzen das Büro, das ich in meinem Roman beschrieben habe. Geduldig hörte er meine Fragen an und beantwortete sie, soweit es ihm möglich war. Viel wichtiger als die Informationen, die ich an diesem Tag bekommen habe, waren aber die Eindrücke aus dem Inneren der Jefatura. Bereits in meinem letzten Blogbeitrag habe ich von diesen Puzzleteilchen der Realität gesprochen, die einen Roman lebendiger werden lassen. Hier war wieder eins davon. Ein Schlüsselteilchen.
Beim nächsten Mal allerdings werde ich meine Frau um Einkaufen in die Stadt schicken – weitere zwei Jahre möchte ich mir nämlich nicht anhören, wie sexy spanische Polizisten doch in ihren dunkelblauen Uniformen aussehen…
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