Als Autor arbeitet man jahrelang an einem Buch. Aber ganz egal wie oft man das Manuskript bearbeitet hat, wie viele Coverentwürfe man gesichtet hat, wie lange man mit Lektoren und Korrektoren um Formulierungen oder sogar den Titel gekämpft hat, das fertige Buch bleibt eine Vorstellung, irgendetwas Diffuses, fast Surreales das selbst mit der finalen Druckfahne nicht wirklich Gestalt annehmen will.
Bis zu diesem einen Tag, der sich wohl wahrscheinlich wirklich jedem Autoren ins Gedächtnis brennt.
Es beginnt mit einem harmlosen Klingeln an der Haustür. Der Postbote bemerkt vielleicht gar nicht, dass meine Unterschrift nach einem schrägen Blick auf den Absender dieses wirklich großen Pakets um einiges zittriger wird als sonst, verabschiedet sich und dann trage ich diese braune Kiste erst einmal in die Wohnung.
Da steht sie nun auf dem Küchentisch, ich stehe davor und starre sie an. Es ist ein bisschen wie mit Schrödingers Katze. Solange man die Kiste nicht öffnet, verharrt das Buch in diesem Zwischenzustand aus Sein und Nicht-Sein.
Ich zögere immer noch. Inzwischen haben sich auch Familienmitglieder eingefunden und schauen genauso skeptisch auf das Ungetüm wie ich selbst. Und auch Spänes Katze sitzt plötzlich oben drauf und wartet, dass diese Schachtel endlich als Spielzeug freigegeben wird.
Die Familie überlegt, ob man den Moment feierlich gestalten sollte, oder einfach das schnöde Packband aufschneiden soll und gut ist. Ich greife in Richtung Messerblock, fest entschlossen das Vakuum endlich aufzulösen. „Nein, nicht damit, Du machst die Bücher kaputt“ schimpft die Ehefrau dazwischen und statt dem höllisch scharfen Santoku-Messer habe ich plötzlich eine abgerundete Kinderschere in der Hand. Noch einmal tief durchatmen und ich mache mich man die Arbeit. Quälend langsam schnippelt sich die Minischere durch das feste Band, bis meine Frau schließlich die Geduld verliert und mit einem beherzten Griff die Kiste einfach aufreißt.
Und plötzlich ist es still. Alle starren gebannt auf die Bücher– bis auf die Katze, die sich sofort auf das Füllmaterial stürzt.
Ich nehme das oberste Exemplar heraus und halte es zum ersten Mal in der Hand. „Mallorca bis in alle Ewigkeit“ steht dort und meine Finger fahren über den leicht erhabener Druck und plötzlich beginne ich zu begreifen.
„… bis in alle Ewigkeit“ hallt es in meinem Kopf nach und mir wird klar, dass es genau das ist. Alles was bisher noch wandelbar, formbar war hat sich mit diesen gedruckten Seiten in etwas Feststehendes verwandelt
Es ist das Ende eines langen Schaffensprozesses, aber irgendwie fängt jetzt auch gerade alles erst richtig an.
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